Assistances (Working Title)

Öffentlicher Workshop
14. & 15. April 2023

mit Valentina Desideri, Stefano Harney, Jason Hirata, Will Holder, Annick Kleizen, Cally Spooner, Eric Golo Stone, Mathilde Supe, Terre Thaemlitz, Marina Vishmidt

Gustave Caillebotte_Les raboteurs de parquet (1875)_Credit: Public Domain

Online-Teilnahme via Zoom (Passwort: assistant) ist möglich.

Tag 1: https://leuphana.zoom.us/j/94170832858?pwd=K0lzUjJjNXA1eGVBSW5VWTJGbWI5Zz09

Tag 2: https://leuphana.zoom.us/j/95681732502?pwd=cWlwWko1ekxlMnp0VHZVVzNGVCt3QT09

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

30 Jahre nach Andrea Frasers und Helmut Draxlers wegweisendem Projekt “Services” im Kunstraum Lüneburg widmet sich ein zweitägiger Workshop wieder den materiellen Bedingungen künstlerischer Arbeit…über Umwege. Der Workshop nimmt sich anstelle der Künstler*innen derer an, die einen Großteil dieser Arbeit leisten - Assistent*innen.

Zeitgenössische Theater- und Kunstproduktion, ob institutionalisiert oder nicht, sind oft auf schlecht bezahlte Assistent*innen und unbezahlte Praktikant*innen angewiesen. Sie gewährleisten das reibungslose Funktionieren von meist stark hierarchisierten Produktionsabläufen. Assistent*in zu sein, bedeutet nie dasselbe. Ob Lehrling im 15. Jahrhundert, Dramaturg*in, Regieassistent*in, Redakteur*in, Bühnen- und Lichttechniker*in, Sekretär*in, Assistenzdirigent*in, Produktionsleiter*in, Produktionsassistent*in, Reinigungspersonal, studentische Hilfskraft, persönliche*r Assistent*in, Assistenzkurator*in, Mutter, Partner*in, Pfleger*in, Freund*in - jede und jeder, deren Aufgabe es ist, Künstler*innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, sie zu managen und zu beraten. Es ist überflüssig anzumerken, dass die Grenze zwischen diesen Aufgaben nie klar ist.

In der Kunst gibt es viele, die die Arbeit anderer aufrechterhalten. Wenn diese Arbeit angemessen gewürdigt wird, was immer noch eine Seltenheit ist, dann in der Regel deshalb, weil ihre Notwendigkeit von Fürsorge und Bedarf abgeleitet wird; und das inklusive all jener Verzerrungen die enstehen, so lange Autonomie und Resilienz die gesellschaftliche Norm bilden. Die Ökonomie des Assistierens folgt einer Logik des Austauschs, und finanzielle und persönliche Schulden werden ungleichmäßig angehäuft und vererbt. Unabhängig von den spezifischen Produktionsbedingungen, unter denen sie arbeiten, wird von den ewig “jungen” Assistent*innen in der Regel erwartet, dass sie ihre Arbeit lieben, eine Arbeit, deren Ende endlos vertagt wird. In dem seltenen Fall, dass dieser Tag doch kommt, müssen sich die Künstler*innen von ihren (inneren) Assistent*innen abspalten, ein komplizierter psychosozialer Prozess, der oft zu volatilen Arbeitsteilungen führt. In der Zwischenzeit sind die Assistent*innen immer verfügbar, flexibel und bereit, für die gestressten, erschöpften und kranken Künstler*innen, Galeristen*innen und anderen Assistent*innen einzuspringen. Man könnte sagen, dass Assistent*innen die Kunst des Assistierens ständig trainieren und im Verweis auf Fred Moten und Stefano Harney, dass das Training zur eigentlichen Disziplin gerät. Wenn wir auf das sog. “Malerschwein” im Raum zu sprechen kommen wollen, dann nur, um den*die Assistent*in als ein Symptom seiner historisch kontingenten Pathologie zu begreifen.

Assistent*innen, die sich nicht mit ihrer Arbeit identifizieren, machen oft schlechte Laune. Dies ist nicht zu unterschätzen, insofern es uns als Methode dienen kann; wenn ihre Arbeit nur noch ein Job ist, platzt die Vorstellung des vermeintlich natürlichen Kreislaufs von künstlerischer Kreativität und Genialität. Am Ende ist all das Genie auch nur Material, dessen Verwaltung und Pflege zu den Aufgaben der Assistent*innen gehören. Wenn sich die Assistenz durch das Versprechen einer künstlerischen Zukunft, von Autonomie und proprietärer Autorinnenschaft, stabilisiert, was würde es bedeuten, diese Arbeit ohne sie zu tun? Und wie könnte dies einen anderen Umgang mit den materiellen Bedingungen künstlerischer Arbeit ermöglichen? Der Workshop bringt Theoretiker*innen, Assistent*innen und Künstler*innen zusammen und arbeitet mit Konzepten wie Affordanz, Abhängigkeit und Deproduktion, um genau jenen Moment auszudehnen, in dem es noch keine Kunst gibt und nur die Arbeit, und das gebrochene Versprechen vom Leben in der Kunst.

Organisiert von Tamara Antonijevic & Christopher Weickenmeier

Studentische Hilfskräfte: Nina Bartnitzek, Manuel Clancett, Patricia Fritze