reformpause

18. Mai bis 18. Juni 2006

Ausstellung in Zusammenarbeit mit Studierenden und dem Kunstraum der Universität Lüneburg, im Rahmen des Projekts transform

Das Projekt <reformpause> im Rahmen des umfassenderen Projekts <Making Worlds> mit Marion von Osten bezieht sich auf den lokalen Kontext des Kunstraum der Universität Lüneburg, der auf dem Campus liegt und zu dessen Programm es gehoert, KünstlerInnen einzuladen, die gemeinsam mit Studierenden Projekte entwickeln. <reformpause> schließt an Fragestellungen vorangegangener Ausstellungen, Publikationen und Debatten zu Campusarchitektur und Bildungsthematik (vgl. Christian Philipp Müller; Roger M. Buergel / Ruth Noack, Thomas Locher / Peter Zimmermann) des Kunstraum der Universität Lüneburg an.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Universitätsreform und der populistischen Debatten um sog. Bildungsnotstände haben die Künstlerin Marion von Osten sowie DozentInnen und Studierende der Kunst- und Bildwissenschaften der Universität Lüneburg die Geschichte der Bildungsreformen seit den 60er Jahren bis heute wie auch die Kritiktradition an universitären Wissensräumen recherchiert und nach ihrer Anschlussfähigkeit zu heutigen Debatten befragt. Mit der Analyse der Papiere der Bologna-Konferenz und dem damit verbundenen europäischen Reformprozess sowie den Thesen zum “Neuen Geist des Kapitalismus” von Luc Boltanski und Eve Chiapello wurde im Wintersemester 2005/ 06 ein mehrstufiges Seminar begonnen. Es untersuchte, ob und in welcher Weise Modelle der 60er und 70er Jahre den heutigen Veränderungsprozessen als Vorbild dienten (insbesondere gemäß der Cité der Inspiration und der projektorientierten Cité im Sinne von Boltanski/Chiapello), um den aktuellen Umbau von Bildungsinstitutionen zu legitimieren. Es widmete sich auch der Frage, ob es sich dabei um einen primär ökonomisch orientierten Wandel handelt, dem eine Markt- und Effizienzideologie (entsprechend den Cités der Industrie und des Marktes) zugrunde liegt, die eine Re-Disziplinierung von Studierenden und DozentInnen versucht sowie auf eine zusätzliche Bürokratisierung der Strukturen hinausläuft. Eine weitere Hypothese, die verfolgt wurde, sieht im gegenwärtigen universitären Wandel partiell eine neokonservativ fundierte Rückkehr zur hierarchischen Ordinarienuniversität der 1960er Jahre.

Für die Ausstellung im Kunstraum wurde eine neue Arbeit entwickelt, welche die Debatten und Strategien einer umfassenden Mobilisierung zur Wissensgesellschaft bereits in den 60er und 70er Jahre nach verfolgt. Veranstaltung und Ausstellung im Mai nehmen somit auch auf historische und aktuelle Kämpfe um eine alternative Wissensproduktion Bezug. Denn die Frage, die mit den aktuellen Reformprozessen und der Standardisierung des Studiums einhergeht, lautet, welche Praktiken anderer Wissensräume heute produktiv für neue Subjektivitäten, Allianzen und Koalitionen sein könnten und wie aus dieser Perspektive heute eine angemessene Kritik an Bildungskonzepten und Reformen zu etablieren wäre. Dazu wird ein Workshop vom 19. - 20. Mai veranstaltet, an dem geladene Gäste aus ihren Forschungs- und Aktionsfeldern berichten. Eine Publikation der Beiträge ist geplant.

<reformpause> wird aufgrund der Aktualität der Debatte während der Ausstellungszeit in den Campus intervenieren, mit einer Plakat- und Wandzeitungsaktion und einer Filmreihe. Die Wandzeitung, die das Format der Zeitung <plakat> aus der Studentenbewegung der 70er Jahre aufgreift, ist auf der Rückseite im Zeitungslayout und auf der Vorderseite als Siebdruckplakat gestaltet. In der Lüneburger <plakat> Ausgabe stellen Studierende ihre Recherchen und Texte zu den folgenden Themenschwerpunkten vor: Chancengleichheit / Bildungsnotstand, Humankapital / Das Subjekt der Bildungsreform, Neue Anforderungsprofile / Mobilitätsimperativ, Studentenproteste 68 ff / Die europäische Dimension: Der Bologna-Prozess und seine politische Instrumentalisierung. Die Zeitung des Projektes diskutiert, wie und mit welchem Vokabular derzeit Universitäten reformiert werden sollen und auf welchen historischen Traditionen diese Argumentation beruhen.

An verschiedenen öffentlichen Orten (Hörsäle, Kunstraum, Seminarräume) wird ein <pausenkino> programmiert, in dem die Auseinandersetzung und Kritik an Bildungsinstitutionen und -konzepten durch historische und aktuelle Film- und Videoarbeiten auf den Campus zurückgetragen wird. Die Filmauswahl wird von Marion von Osten in Zusammenarbeit mit Madeleine Bernstorff zusammen gestellt. Filme im <pausenkino> von: Claudia Alemann, Lindsay Anderson, Danielle Huillet & Jean-Marie Straub, MeineAkademie, Daniel Schmid, Gus van Sant, Cecilia Wendt und Frederick Wiseman.

Teilnehmende Studierende: Christiane Autsch, Kristina Geertz, Ludmila Gerasimov, Julia Hammer, Rahel-Katharina Hermann, Katharina Looks, Jenny Nachtigall, Maria Petersen, Kathrin Roes, Stephanie Schneider, Frauke Schnoor, Stephanie Seidel, Valentina Seidel, Nike Thurn, Anna Till

Das Gesamtprojekt <Making Worlds> ist als Kooperation des Kunstraum der Universität Lüneburg mit Marion von Osten in das Projekt transform eingebunden, das vom eipcp in Wien koordiniert und von der EU im Rahmen des Culture 2000 Programms gefördert wird.

http://transform.eipcp.net/