Occupational Realism
Vortrag von Julia Bryan-Wilson
14. Juni 2012
In ihrem Vortrag »Occupational Realism« im Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg wird die US-amerikanische Kunsthistorikerin und -kritikerin Julia Bryan-Wilson ihre bisherigen Untersuchungen über künstlerische Arbeit aufgreifen und Zusammenhänge zwischen der Art Workers’ Coalition (AWC) und der Occupy-Wall-Street-Bewegung aufzeigen.
In den frühen 70er Jahren organisierten sich unterschiedliche Künstler/innen aus der Umgebung von Minimal Art, Conceptual Art und Process Art in der AWC, um parallel zu größeren Veränderungen innerhalb der New Yorker Arbeiterbewegung über ihre künstlerische Arbeit zu reflektieren. Die Forderungen der AWC nach Rechten für die Künstler/innen und einem Mitspracherecht bezüglich der Ausstellung ihrer Arbeiten und ihrer Kunst zielte auf die Demokratisierung des Museums als Institution im künstlerischen Feld ab.
Ihre Demonstrationen innerhalb und außerhalb des Museums waren nicht ausschließlich institutionskritisch motiviert. Das Museum wurde zum Ort des Protests gegen den Vietnamkrieg und zugleich eine Plattform für die Verankerung der aktuellen Themen »Race, Class and Gender« im institutionellen Diskurs. Daher kam nicht nur die Frage nach dem Wert künstlerischer Produktion im Verhältnis zu Arbeit auf, sondern auch Anliegen zur sozialen und politischen Relevanz von Kunst wurden formuliert: Wie könnte die künstlerische Produktion der Verstrickung ins Kapital entgehen? Welche künstlerischen Praxen könnten gesellschaftliche Wirksamkeit erlangen? Inwiefern könnte Kunst die bestehenden Strukturen verändern?
In ihrem bekannten Buch »Art Workers: Radical Practice in the Vietnam Era« (2009) untersucht Julia Bryan-Wilson anhand der drei Künstler Hans Haacke, Carl Andre und Robert Morris sowie der Kunstkritikerin Lucy Lippard – nach eigener Beschreibung »art workers« – den Zusammenhang zwischen Konzeptionen künstlerischer Arbeit und materieller künstlerischer Produktion.
Ihre bisherige Forschung über das Verhältnis von Arbeit und Kunst wird in diesem Vortrag ausgeweitet und aktualisiert. Julia Bryan-Wilson wird diskutieren, wie die künstlerische Performanz von Arbeit – womit die Neudefinition von Lohnarbeit als Kunst gemeint ist – zu einem neuen Verständnis des politischen Potentials von Kunst der Gegenwart führen kann.
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Julia Bryan-Wilson ist Associate Professor for Modern and Contemporary Art an der University of California, Berkeley, an der sie Lehrveranstaltungen zu Themen wie Kunst und Politik, feministische Theorie und Konzeptkunst abhält. Sie publiziert regelmäßig in der Zeitschrift Artforum und veröffentlichte Essays über Künstler/innen wie Laylah Ali, Ida Applebroog, Yoko Ono, Sharon Hayes, Harmony Hammond und Francesca Woodman. Ihr Buch »Art Workers: Radical Practice in the Vietnam War Era« (University of California Press, 2009) wurde von Artforum in die Liste der »best books of the year« aufgenommen. Bryan-Wilson hat unter anderem von der Getty Foundation, der Creative Capital/Andy Warhol Foundation, dem Henry Moore Institute und dem Clark Art Institute Förderungen und Stipendien erhalten. Ihr aktuelles Buch, das bei University of Chicago Press erscheinen wird, untersucht die Bedeutung von textilem Handwerk in der Gegenwartskunst.