Zeitgenössische Kunst und afrikanische Perspektiven

Diskussion mit Julia Grosse, Yvette Mutumba und Julia Voss
24. Oktober 2014

Moderation: Beate Söntgen

Was ist »zeitgenössische afrikanische Kunst«? Wie es der Philosoph Peter Osborne in »Anywhere Or Not At All« (2013) problematisiert, enthält bereits der Begriff des Zeitgenössischen eine Projektion, die den Blick auf kulturelle, territoriale und soziale Grenzen verstellt. So birgt eine Bezeichnung wie »zeitgenössische afrikanische Kunst« – eine Formulierung, die ohnehin vorwiegend als Label eingesetzt wird – ein Risiko: Sie reduziert die komplexe und vielschichtige kulturelle Produktion auf dem Kontinent und in der Diaspora, an der das westliche Kunstfeld derzeit großes Interesse zeigt, eindimensional und homogenisierend auf »Art from Africa«.

Das vor einem Jahr gegründete online-Kunstmagazin Contemporary And (C&) hat es sich zur Aufgabe gemacht, in Features, Interviews und Essays zu vermitteln, dass der Begriff »afrikanische Kunst« ebenso wenig Sinn mache, wie »europäische« oder »chinesische Kunst«. Folglich stehe, so auch der Untertitel des Magazins C&, nicht »Kunst aus Afrika« zur Diskussion, sondern, wenn überhaupt, »Kunst aus afrikanischen Perspektiven«. Kann ein Internetmagazin Hierarchien und Identitätskategorien überwinden, wie sie nicht nur über Diskurse, die vom Markt geprägt, sondern ungeachtet aller postkolonialen Kritik auch über die Repräsentation »afrikanischer Kunst« in Ausstellungen hergestellt werden? Thema wird in diesem Rahmen auch das Phänomen des derzeitigen »African Art Boom« sein.

Die Gründerinnen des Magazins, Julia Grosse und Yvette Mutumba, diskutieren im Kunstraum mit Julia Voss die heutigen Implikationen dieser Klassifikationen und Begrifflichkeiten, aber auch das Potential, das neue Perspektiven jenseits fester geographischer Verortungen, global und innerhalb des Kontinents Afrika, bergen.

Julia Grosse ist Kunsthistorikerin, Journalistin, Mitinitiatorin und Chefredakateurin von Contemporary And (C&). Dr. Yvette Mutumba promovierte zum Thema »(Re)Presentations, Receptions, Expectations: Contemporary Art from Africa and the Diaspora in the German context, 1960s – 2011« in Kunstgeschichte. Sie ist Mitinitiatorin von Contemporary And (C&) und Kuratorin am Weltkulturen Museum, Frankfurt am Main. Dr. Julia Voss verfasste ihre kunsthistorische Dissertation über »Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie 1837 – 1874«. Sie ist Kunstkritikerin und leitende Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Prof. Dr. Beate Söntgen hat den Lehrstuhl für Kunstgeschichte in der Fakultät Kulturwissenschaften der Leuphana Universität Lüneburg inne.