Besuch von Überlebenden der Vernichtungslager von Ozarichi 1944

11. August 2017

Am 11. August 2017 war der Kunstraum Ort eines Besuchs einer Gruppe von sechs Frauen aus Ozarichi in Belarus – Lidija Dormasch, Maria Nowik, Maria Schetschko, Maria Lapowa, Valentina Odnokrylowa und Valentina Schislo – an der Leuphana Universität. Dieses Treffen an der Universität wurde vom Arbeitskreis Gedenkkultur an der Leuphana initiiert und vom Kunstraum als Ort der nicht zuletzt auf die Kriegsverbrechen des Jahres 1944 im Raum Ozarichi bezogenen Ausstellungen Hinterbühne I–III des Jahres 2017 organisiert. Mit Begrüßungsreden beteiligten sich Beate Söntgen, Vizepräsidentin, Kathrin van Riesen, Gleichstellungsbeauftragte und Léa Oltmanns, Asta Sprecherin der Universität sowie Ulf Wuggenig. Dieses Treffen umfasste ausgehend vom Seminar »Die Illusion des Gedächtnisses« auch einen Austausch mit Vertreter*innen von drei Generationen von Studierenden, von denen einige am Kunstraum-Projekt »Die Archive der Großeltern« mit Christian Boltanski in den Jahren 1995 und 1996 mitgewirkt hatten.

Die Besucherinnen haben als Kinder eines der schrecklichsten Todeslager überlebt, die von der Wehrmacht eingerichtet wurden. Nicht weniger als mindestens 9.000 Zivilist*innen, Frauen, Kinder, Alte und Kranke, »unnütze Esser« im NS-Jargon, wurden in diesen Lagern und auf dem Weg dorthin umgebracht. Der ortsspezifische Bezug ergibt sich darüber, dass das Kriegsverbrechen von Ozarichi 1944 unter maßgeblicher Beteiligung von Soldaten der im Dezember 1940 in Lüneburg für das »Unternehmen Barbarossa« aufgestellten 110. Infanterie-Division, auch als »Wikinger-Division« bekannt, begangen wurde. Teile dieser Einheit, deren Traditionsverband sich bis in die frühen 1990er in der Stadt Lüneburg und teilweise auch in der Scharnhorst-Kaserne traf, waren während des 2. Weltkriegs in der Lüneburger Scharnhorst-Kaserne stationiert bzw. wurden von diesem Ort aus, an dem sich seit 1993 die Universität Lüneburg befindet, in Bewegung in Richtung Osten im Rahmen des rassistischen Vernichtungskriegs gegen die Sowjetunion gesetzt, zu der zur damaligen Zeit auch Weißrussland gehörte. Die Lüneburger Infanterie-Division gab schließlich im Juli 1944 in unmittelbarer Nähe des Konzentrationslagers Malyj Trostenenz bei Minsk auf.