Aktionismus und Trauma. Otto Muehls Kommune Friedrichshof
Ein Gespräch zwischen Kerstin von Gabain und Carola Dertnig
30. November 2014
Moderation: Susanne Leeb
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In den 1970er Jahren gründete der österreichische Künstler des Wiener Aktionismus Otto Muehl (1925-2013) die Aktionsanalytische Organisation (AAO) - eine von den Theorien Wilhelm Reichs inspirierte Kommune, die Psychoanalyse und Aktionismus miteinander verschränkte. Gelebt werden sollte eine befreite Sexualität; es ging um die Auflösung von repressiven Zweierbeziehungen und zwangsstrukturierten Kleinfamilien. 1991 wurde Otto Muehl in Österreich wegen Kindesmissbrauch und Verstoß gegen das Suchtgiftgesetz zu sieben Jahren Haft verurteilt. 2010, anlässlich einer Ausstellung in Wien zu seinem 85. Geburtstag, entschuldigte er sich.
Zwischen 2010 und 2012 hat die in Wien lebende Künstlerin Kerstin von Gabain acht ehemalige Bewohner/innen der Otto-Muehl-Kommune Friedrichshof interviewt. Alle Befragten verbrachten ihre Kindheit in der 1989 aufgelösten Kommune. Die Niederschrift dieser Interviews wurde anonymisiert und liegt nun, ergänzt durch Fotos vom Friedrichshof, als Buch vor. Die Künstlerin Carola Dertnig, die mit »Lora Sana« eine die Geschlechterrollen des Wiener Aktionismus kritisierende Kunstfigur schuf, spricht mit Kerstin von Gabain über ihr Interesse an dem Fall und die Traumatisierungen durch das Kommunenleben. Zudem wird der Frage nachgegangen, wie vor diesem Hintergrund Muehls Kunst einzuschätzen sei.
Eine Veranstaltung des Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg anlässlich des Erscheinens des Buches »Das FH-Projekt« von Kerstin von Gabain im Revolver Verlag (Berlin 2014).