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Performance von Isabel Fontbona, Universität Girona, Spanien

»Against Masculine Domination: Building the Body«

Lyrik-Lesung von Julia Mantel, Frankfurt am Main

»Der Bäcker gibt mir das Brot auch so«

Einführung: Ulf Wuggenig, Leuphana

26. Mai 2018, 18h

Kunstraum der Leuphana Universität Lüneburg, Campus Halle 25


»Against Masculine Domination: Building the Body«

Performance von Isabel Fontbona, Universität Girona, Spanien

Weibliches Bodybuilding wurde sowohl als queere Praktik der Überschreitung von Stereotypen von Geschlecht und essentialistischen Formen von Identität diskutiert als auch als Feld, in dem paradoxer Weise in offener und verschleierter Form Praktiken der Reproduktion solcher Stereotype und der im common sense verankerten Geschlechterbinarität beobachtet werden können (speziell im Hinblick auf bestimmte Typen von »Feminität«).

Mit Isabel Fontbona aus Girona in Katalonien hat der Kunstraum eine Akteurin eingeladen, die zum Bruch mit der »männlichen Herrschaft« (Bourdieu) nicht nur über die Produktion von Texten und Manifesten beizutragen versucht, sondern auch mit dem Einsatz des Körpers bzw. mit Mitteln von Performance. In dieser Hinsicht kann sie sich – als WNBB Vizeweltmeisterin des Jahres 2017 in »natural body building« – auf ihre Praktiken als Sportlerin stützen, wobei sie zugleich über Strategien im Feld künstlerischer Performance informiert ist. Ihre Performance am 26. Mai im Kunstraum umfasst Hinterbühne-Praktiken wie den Einblick in Aspekte der Vorbereitung auf die Selbstpräsentation im Wettbewerb (z.B. tanning), als auch »auferlegte Posings«, wie sie im Wettbewerb zu zeigen sind. Dabei wird nicht nur die Demonstration von Muskeln verlangt, sondern auch die von Zeichen der »Geschlechtskategorie« (Candace West und Don Zimmerman), d.h. von »Feminität«, in manchen Regelwerken ausdrücklich etwa mit Begriffen wie »weibliche Ästhetik« oder »feminine Ausstrahlung« als Beurteilungskriterien der Jury benannt. Außerdem haben Regelungen für die zeitliche Dauer etwa von »freiem Posing« oder die Zahl der zu realisierenden »auferlegten Posings«, geschlechtsspezifischen Charakter.

An der Leuphana leitet Isabel Fontbona ein Seminar im Master »Culture, Arts and Media« mit dem Titel »Building the body, transgressing beauty standards, doing gender« gemeinsam mit Laura Lopèz Paniagua (Berlin / Madrid) und Ulf Wuggenig (Leuphana). Es begleitet ein Projekt mit ihr mit gleichem Namen, dessen erste, auf ethnographische Forschung (Photo-Interview, Photoelizitation) gestützte Ergebnisse auf der »Bourdieu Study Group« 2nd Biennial International Conference »Reproduction and Resistance« der British Sociological Association (BSA) an der Lancaster University, UK im July 2018 von Cornelia Kastelan (Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft), Isabel Fontbona und Ulf Wuggenig präsentiert werden.


»Der Bäcker gibt mir das Brot auch so«

Lyrik Lesung von Julia Mantel, Frankfurt am Main

Den Auftakt der Kunstraumveranstaltung zu machen, bleibt, nach einer Einführung von Ulf Wuggenig, jedoch Julia Mantel vorbehalten. Als Absolventin der Angewandten Kulturwissenschaften der Universität Lüneburg aus den 1990er Jahren war Julia Mantel an mehreren Kunstraum-Projekten der Anfangsphase beteiligt. Obwohl sie sich später auch im Feld der zeitgenössischen Kunst bewegte wählte sie als ihr primäres Feld der Kulturproduktion jedoch das der Literatur. In diesem Universum ist sie als Lyrikerin in großer Entfernung zum kommerziellen Pol tätig.

Ihr dritter Lyrik-Band – »Der Bäcker gibt mir das Brot auch so« – mit rd. sechzig Gedichten ist im Mai 2018, gerade in dieser Woche, in der edition Faust in Frankfurt am Main erschienen. Dies war vor dem Hintergrund ihrer Befassung nicht nur mit dem Thema »Prekarität«, sondern auch mit dem »Körper« und dem »männlichen Prinzip« der Grund, weshalb sie vom Kunstraum zu einer Lesung im gemeinsamen Rahmen mit der Performance und dem Kurzvortrag – dem vorgetragenen Manifest – von Isabel Fontbona eingeladen wurde. Im begleitenden Projektseminar »Building the Body« hat sie als Gast die Rolle der Erinnerung an punk-poet Kathy Acker übernommen, die in den Feldern von Literatur und Feminismus nicht zuletzt über ihre Darstellung der Schwierigkeiten hervorgetreten ist, über ihre Praxis des Bodybuilding zu schreiben.

Seit 2005 betreibt Julia Mantel auch ein Label als Designerin, eine »Handstrick-Kollektion« mit der auf die verbreitete Prekarität in Feldern der nicht-kommerziellen kulturellen Produktion referierenden, für sich sprechenden Bezeichnung »unvermittelbar« (http://www.unvermittelbar.de). In diesem Rahmen stellt Julia Mantel, auch in Kooperation mit anderen Designerinnen, u.a. Textilien her, die im theoretischen »doing gender«-Bezugsrahmen von Candace West und Don Zimmerman der Gruppe der Paraphernalia bzw. Zeichen jener »sex category« zuzurechnen sind, welche nicht zuletzt dazu herangezogen werden, die im System »männlicher Herrschaft« und in der entsprechenden doxa des von dieser Struktur mental durchdrungenen »Volkes« fest verankerte Geschlechterbinarität zu reproduzieren. Wenn Julia Mantel sich bereit fand, Zeichen dieses Typs auch für die Performance von Isabel Fontbona herzustellen, dann auch mit der Absicht der ironischen symbolischen Brechung mit dem Typus der Wettkampf Bikinis im regulierten Feld des weiblichen Bodybuilding, aber auch mit der Intention, dazu beizutragen, Aspekte des sozialen Prozesses der Konstruktion bzw. Naturalisierung von Geschlecht inklusive der paradoxen Effekte des weiblichen Bodybuilding reflexiv zu erhellen.